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Rollentraining: wann und wie?

Antworten auf häufige Fragen zum Training auf der Rolle gibt der Mitbegründer von iQ athletik und Sportwissenschaftler Andreas Wagner (mehr erfahren). Dazu verrät er wertvolle Tipps zum Indoortraining und empfiehlt ein effektives Workout für Radsportler und Triathleten.

Lesezeit: 5 Minuten

Wofür eignet sich das Rollentraining besonders gut?

Wenn sich die Witterungsbedingungen der Temperatur von Speiseeis nähern und die Sonne in Winterschlaf geht – dann hat das Rollentraining Hochzeit im Radsport, weil es wetterunabhängig ist.

Regen, Sturm, Schnee, Glatteis – Training auf der Rolle geht bei jedem Wetter. Und das auch noch ohne lange Vorbereitungen: es braucht keine langen Hosen, Helmunterzieher, Über- und Handschuhe. Und es braucht auch keine Beleuchtung am Rad. Ich kann vor und nach der Arbeit, wenn es meist noch dunkel draußen ist, einfach losradeln.

Indoortraining auf dem Rollentrainer für Radsportler und Triathleten
Intensiv: Kurze Workouts mit Intervallen lassen sich auf der Rolle besonders effektiv absolvieren (Foto: Torwaiphoto – stock.adobe.com)

Und ich muss auch nicht auf den Verkehr achten: es gibt keine Autos, LKWs, Motorräder, Straßenbahnen, Ampeln, Straßenkreuzungen, Fußgänger und Hundeleinen. Ich kann mich voll auf mein Training konzentrieren und dabei auch all-out gehen. Damit schafft das Rollentraining die optimalen Bedingungen für ein intensives Intervalltraining. Grundsätzlich lassen sich kürzere Einheiten auf der Rolle besonders effektiv absolvieren, da es keine Rollphasen gibt. So kann auch eine Stunde Training schon sehr wirkungsvoll gestaltet werden.


Andreas Wagner, Sportwissenschaftler, iQ athletik

  » Körpergefühl statt FTP und lieber kurz statt lang. Langes Grundlagenausdauertraining auf der Rolle kann zum mentalen Kampf werden. Deshalb empfehle ich kürzere Einheiten, die man effektiv absolviert. Die Intensität der Intervalle sollte so hoch und dabei gleichzeitig so konstant wie möglich bleiben. Es ist wichtiger die geplante Anzahl von Be- und Entlastungen sauber zu bewältigen, als einen genauen Zielwert in Watt zu treffen. Der Poweroutput kann dabei je nach Tag und Session durchaus variieren. Nicht nur zuletzt deshalb ist das subjektive Belastungsempfinden die beste Steuergröße für die Belastungsintensität! «

 Andreas Wagner M.A., Mitbegründer von iQ athletik und Sportwissenschaftler
(Zitat aus dem Tour Magazin 01/2024)



Gibt es etwas, dass beim Rollentraining nicht so gut geht bzw. was sind die Grenzen des Rollentrainings?

Langes Grundlagenausdauertraining auf der Rolle kann zum mentalen Kampf werden. Besonders dann, wenn mir die Natur fehlt und ich kein Fan von computergenerierten 3D-Touren oder realitätsnahen Simulationen bin. Und wenn ich auch keinen Serien-Marathon auf netflix beim Rolle fahren veranstalten möchte.

Wer zudem zwei Stunden mit dem falschen oder nicht richtig eingestellten Sattel – in einer nahezu fixierten Position – auf dem Rollentrainer durch „Watopia“ fährt, für den bekommt die Bezeichnung „Pain Cave“ noch einmal eine völlig neue Bedeutung. Deshalb rückt beim Rollentraining der bestmöglich zum Sportler passende Sattel und seine perfekte Positionierung auf dem Fahrrad noch stärker in den Vordergrund als beim Radfahren unter freiem Himmel auf der Straße (mehr erfahren).

Radtraining auf der Rolle
Bikefitting: Ein passender Sattel und seine perfekte Positionierung auf dem Rad rücken beim Rollentraining noch stärker in den Vordergrund (Foto: Torwaiphoto – stock.adobe.com)

Was viele auch nicht bedenken, dass ich auf dem Rollentrainer schnell in falschen Trainingsbereichen unterwegs bin. Die Workouts in virtuellen Rad-Welten wie "Zwift" sind wattgesteuert und orientieren sich am FTP-Wert (Functional Threshold Power). Ein FTP-Test sagt mir aber nicht, welches Stoffwechselsystem in meinem Körper welchen Anteil an der generierten FTP-Leistung erbringt (mehr erfahren). Ich weiß also nicht, wie ich mein Training gestalten muss, um einen maximalen Trainingserfolg zu erzielen. Wer es in den Wintermonaten beim Rollentraining ambitioniert angehen und im Frühjahr womöglich die ersten Rennen fahren will, sollte eine Leistungsdiagnostik im Labor absolvieren (mehr erfahren). 

Zwift Rollentraining mit FTP-Test
Vorsicht: Wer sein Rollentraining über einen FTP-Test steuert, trainiert oft in falschen Trainingszonen (Foto: Torwaiphoto – stock.adobe.com)

Und beim Thema Rennen darf auch nicht vergessen werden, dass es sich komplett anders anfühlt, ob ich mit 300 Watt auf der Rolle in die Pedale trete oder ob ich mit 300 Watt unter freiem Himmel auf die nächste Kurve oder Serpentine zufahre. Wenn ich gar nicht draußen fahre, verliere ich das Gefühl für das Rad, um es in allen Situationen sicher zu beherrschen.

Deshalb sollte ich zumindest am Wochenende Fahrten unter freiem Himmel einplanen. Hier muss es auch nicht das Rennrad sein. Radcross und Gravelbikeing sind im Winter coole Alternativen für das Rollentraining im Pain Cave. Sie bieten Straßenradsportlern nicht nur frische Luft, sie bieten auch neue Reize für Körper und Geist (mehr erfahren). 

Was wäre eine Empfehlung für eine effektive Trainingseinheit auf der Rolle?

Wie schon gesagt, eignet sich das Radfahren auf der Rolle besonders für ein Intervalltraining. Ein effektives Workout auf der Rolle könnte wie folgt gestaltet werden:

Tipp zum Radttraining auf der Rolle und für Zwift

Ziel der Trainingseinheit

Entwickeln der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) und Verbessern der Leistungsfähigkeit bei repetitiven Belastungen

Warm-up

ca. 10 Minuten warmfahren

Intervalle

2 Intervallserien mit je 8 mal 30 Sekunden im Spitzenbereich
(Intensität: RPE = 7-9*)

Zwischen den Intervallen jeweils 30 Sekunden im Kompensationsbereich pedalieren
(Intensität: RPE = 2-4*)

Zwischen den Intervallserien jeweils 5 Minuten locker fahren
(Intensität: RPE = 4-5*)

Cool-down

10 Minuten ausfahren

Hinweise: Die Intensität bei den Intervallen liegt i.d.R. im Spitzenbereich; kann aber auch davon abweichen (siehe nächster Punkt)

Wichtig: Die Intensitätssteuerung folgt dem "constant best average"-Ansatz. Das heißt, die Intensität sollte so hoch und dabei gleichzeitig so konstant wie möglich bleiben über alle Intervallserien. Dieser Ansatz berücksichtigt die individuellen Gegebenheiten besser als ein "fixed intensity"-Ansatz mit einer festen Intensitätsvorgabe. Es ist wichtiger die geplante Anzahl von Be- und Entlastungen sauber zu bewältigen, als einen genauen Zielwert in Watt zu treffen. Der Poweroutput/Pace kann dabei je nach Tag und Session durchaus variieren!

*RPE = Rate of Perceived Exertion”; zu dt. “Grad der empfundenen Anstrengung”

RPE-Skala von 1 = keine Anstrengung bis 10 = maximal anstrengend; siehe Tabelle 1

RPE-Skala zur Belastungssteuerung im Training
Tab. 1 | RPE-Skala zur Intensitätssteuerung

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(Foto im Header: Torwaiphoto – stock.adobe.com)