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Bikefitting gegen den Wind: Warum die Aero-Position auf dem Fahrrad nicht alles ist

Erst richtig, dann windschnittig sitzen

Bikefitting und Aero-Fitting im Radsport und Triathlon im gebioMized concept-lab Frankfurt
Erst wenn die grundlegende Sitzposition auf dem Fahrrad eingestellt ist, kann ein Optimieren der aerodynamischen Haltung erfolgreich durchgeführt werden (Foto: gebioMized)

Warum muss vor einer Aero-Optimierung die Optimierung der Grundposition stattfinden?

Bei einer Aero-Optimierung liegt der Fokus auf der Aerodynamik und nicht auf der generellen Sitzposition des Fahrers auf dem Rad. Diese Position ist aber die zentrale Ausgangsposition. Erst wenn die grundlegende Sitzposition eingestellt ist, kann ein Optimieren der aerodynamischen Haltung erfolgreich durchgeführt werden

Bevor ein Aero-Fitting Sinn macht, muss also ein „normales“ Bikefitting (mehr erfahren) stattgefunden haben. Dieses Bikefitting wird am besten in einem professionellen Bikefitting-Labor durchgeführt. Hierbei erfolgt u.a. eine Feineinstellung von Sitzhöhe und Nachsitz mit Blick auf die Positionsstabilität, Rückenlinie, Nacken- und Kopfposition. Ebenso wird die Einstellung der Schuhplatten geprüft und der Sattel in Bezug auf Komfort und Stabilität. 

Danach kann eine Aero-Optimierung erfolgen. Diese muss in einer speziellen Location durchgeführt werden: auf einer geschlossenen Radrennbahn oder in einem Windtunnel. Die Zeit in solchen Anlagen ist begrenzt und teuer, weshalb sie optimal zur Arbeit an der Aeroydnamik ausgenutzt werden sollte. Dies verdeutlicht zusätzlich den Stellenwert eines vorherigen Bikefittings im Labor, um nicht unnötiges Geld sprichwörtlich im Windkanal zu verblasen. Zusammengefasst gilt: Erst richtig, dann windschnittig sitzen.

Warum bedeutet eine aerodynamische Haltung nicht immer möglichst tief auf dem Fahrrad zu sitzen?

Es gibt immer verschiedene Faktoren, welche die Performance auf der Radrennstrecke beeinflussen. Die Aerodynamik mit einem Reduzieren des Luftwiderstands, ist eine davon. Nur tief sitzen reicht aber nicht aus, um eine optimale und effiziente Position auf dem Rad zu haben. Zumal eine tiefe Sitzposition auch zu Lasten der Leistung gehen kann. Nämlich dann, wenn der Fahrer in der tiefen Position nicht mehr die volle Kraft auf die Pedale bringt. Es gilt ein möglichst optimales Gesamtpaket aus Kraftübertragung, Material UND Aerodynamik für die jeweilige Strecke und den jeweiligen Fahrer zu finden. 

Warum kann eine Aero-Optimierung auch zu Lasten der Wattzahl gehen?

Wer maximal aerodynamisch auf dem Fahrrad sitzen möchte, um dem Wind die kleinste Stirnfläche zu bieten, der muss eine solche Sitzposition auch anatomisch einnehmen können. Wem hierbei die Mobilität fehlt, verliert an Leistung. Ist z.B. der Hüftwinkel zu klein und/oder die Mobilität nicht den Anforderungen entsprechend, kann eine Aero-Optimierung zu Lasten der Wattzahl auf dem Pedal gehen.

Was gibt es bei langen Renn- und Trainingsstrecken zu bedenken, wie z.B. bei einer 180-km-Distanz bei einem Ironman?

Die Länge der Fahrtzeit und dadurch die längere Belastungszeit! Wer hierbei nur auf die Aerodynamik schaut und den Komfort außer Acht lässt, fährt am Ende noch langsamer. Wer die Aero-Position nicht halten kann, verschärft die Problematik des ungeliebten „Sattel-Shiftings“ – dem kontinuierlichen Rutschen nach vorn und dem dann folgenden aktiven wieder Zurücksetzen auf den Sattel. Bei jedem Zurücksetzen bietet der Fahrer dem Wind mehr Stirnfläche und damit mehr Widerstand – schlecht für die Aerodynamik und schlecht für die Leistung. Wer zudem nach einer Stunde nur noch Basebar fahren kann, weil ihn die Aeroposition „quält“, büßt neben Komfort jede Menge Leistung ein.

Warum brauchen Zeitfahrer eine andere Optimierung als Triathleten?

Triathleten müssen nach dem Rad-Split noch Laufen können. Zeitfahrer dürfen danach – überspitzt gesagt – im Eisbad mit einem Recovery-Shake regenerieren. Das heißt: Zeitfahrspezialisten können eine „aggressivere“ Position auf dem Rad fahren, da sie sich nicht für einen anschließenden Lauf schonen müssen. Hierbei kann z.B. die Sattelposition etwas erhöht werden, was in Kombination mit einer entsprechenden Trettechnik, eine maximale Leistung auf die Pedale bringt. Dies hat aber auch eine maximale Ermüdung der antriebsrelevanten Muskeln zur Folge, die ein Triathlet nach dem Radfahren noch auf der Laufstrecke benötigt. 

Hinzu kommt, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit bei Triathleten in der Regel geringer und die Belastungszeit auf dem Rad meist länger ist. Ebenso ist die leistungsrelevante Wattzahl im Triathlon niedriger. Darüber hinaus ist für Triathleten zu bedenken, dass sie sich – nach der gebeugten Haltung auf der Zeitfahrmaschine – zum Laufen wieder aufrichten müssen. Je aggressiver und kompakter die Sitzposition auf dem Rad ist und je länger diese gehalten wurde, desto schwerer kann das Einnehmen einer aufrechten und effizienten Körperhaltung auf der Laufstrecke fallen. 

Hier gilt dann auch: AERO POSITION ISN’T EVERYTHING! Die beste Performance bringt ein gezielter Kompromiss aus Komfort und Windschnittigkeit.