Welche alternativen Sportarten für Triathleten in der Off-Season Abwechslung bringen, Spaß machen und neue Reize setzen, erklärt der iQ athletik Mitbegründer und Sportwissenschaftler Andreas Wagner, der diesen Artikel nach einer erfrischenden Runde auf dem Cyclocrosser durch den Herbstwald geschrieben hat.
Es ist so weit: Die Witterungsbedingungen nähern sich der Temperatur von Speiseeis und die Bäume werfen ihre Blätter von sich. Das muss aber noch lange kein Grund dafür sein, dass die Motivation für ein Training im Freien Winterpause macht. Wer gerne läuft und Rad fährt, kann sich auch in den kalten Monaten draußen prima auspowern. Radcross, Gravelbiken und Trailrunning sind coole Alternativen für Rollentraining und Laufband. Diese Outdoor-Sportarten können nicht nur viel Spaß machen, sie bieten Triathleten auch neue Reize für Körper und Geist. Abwechslung mit Freude heißt das Zauberwort!
Nach einer langen Triathlonsaison mit dem Abspulen unzähliger Rad- und Laufkilometer auf Asphalt und einem schier endlosen Kachelzählen im Schwimmbecken, ist das Verlassen altbekannter Pfade eine willkommene Abwechslung. Quer über Wiesen und Trampelpfade, Schotter-, Feld- und Waldwege, bergauf und bergab über Stock und Stein – die Trainingstrecken beim Crossen und Laufen im Gelände sind Orte voller Abenteuer. Sie laden zum Erkunden ein und bringen neue Herausforderungen. Und oftmals sind es gerade neue Herausforderungen, die die Motivation steigern und damit auch die Leistung verbessern. Wenn die Autos und der Lärm der City verschwinden, kommt die Natur näher. Das kann nicht nur den Stress reduzieren, sondern auch die Kreativität fördern. Und beim Radcross und Trailrunning sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.
Beim Crosslaufen oder Crossradfahren müssen die Trainingsstrecken nicht zwingend durchs Gebirge oder die Wildnis führen. Auch im Großstadtdschungel lassen sich oftmals spannende Naturpfade finden, die neu erkundet werden wollen und abwechslungsreiche Trainingsmöglichkeiten bieten. Mit dem richtigen Fahrrad und den richtigen Laufschuhen ausgestattet, entscheidet der Sportler, auf welcher Strecke es lang geht – egal ob er mit Vorliebe durch Pfützen springt, über Schotterpisten gleitet oder neue Trails im Wald oder den Bergen erforscht.
Wer eine schnelle Feierabendrunde drehen will und auf dem Rad gerne knackig im Gelände unterwegs ist, kann hier mit einem klassischen Cyclocrossrad viel Spaß im Matsch und Schlamm haben. Wer auf Waldautobahnen Kilometer bolzen möchte, sollte mit einen Gravelbike („Schotter-Rad“) liebäugeln. Diese Räder haben die sportlichen Gene der Cyclocrosser, entsprechen in ihrer Geometrie aber mehr langstreckentauglichen Rennrädern. Mit oftmals sehr üppiger Reifenfreiheit ausgestattet, bieten Gravel-Räder die Möglichkeit, sehr großvolumige und profilierte Pneus zu montieren. Dies erhöht Komfort und Traktion auf unbefestigten Wegen. Bei optimalem Luftdruck – am besten tubeless montiert – saugen diese Reifen kleinere Unebenheiten förmlich auf und gleiten über Schotterpisten.
Wer schweres Gelände liebt und Berge vor der Haustür hat, dürfte sein Glück im Sattel eines Mountainbikes finden. Für das Laufen im Gelände empfehlen sich spezielle Trailrunningschuhe. Diese Modelle sind robuster und wasserresistenter als herkömmliche Laufschuhe. Ebenso ist ihr Profil vergleichbar mit Winterreifen, für mehr Traktion und Halt auf unbefestigten Wegen.
Natürliches Terrain fordert den Körper anders als Asphalt oder Tartanbahnen. Das Trainieren auf unebenem Boden stellt besondere Herausforderungen an Koordination und Konzentration. Im Gelände können sich die Bedingungen von Meter zu Meter und Schritt zu Schritt ändern. Natur-Parcours sind gespickt mit Hindernissen aller Art: Schotter, Felsen, Waldkuhlen, loser Sand, Erdhügel, Wurzeln, scharfe Kurven, kurze giftige An- und Abstiege. In den Herbst- und Wintermonaten kommen vermehrt noch Matsch, Pfützen, nasses Laub, Schnee und Eis hinzu. Bei diesen Bedingungen können beim Radfahren die Räder jederzeit über ein Hindernis poltern, Schlupf bekommen oder ins Rutschen geraten.
Beim Trailrunning setzt der Fuß bei jedem Schritt anders auf und muss auf alle Bedingungen schnell reagieren können. Das klingt jetzt alles gefährlicher als es ist. Als Kinder waren wir mit Begeisterung in diesen Gefilden auf Entdeckungstour unterwegs und sind mit viel Spaß durch Pfützen gesprungen. Für ein Umknicken mit dem Fuß besteht die Gefahr ohnehin nicht nur im Gelände, sondern bei allen laufintensiven Sportarten wie zum Beispiel beim Fußballspielen. Selbst im Alltag gibt es mit Bordsteinkanten und Stufen zahlreiche Stolperfallen.
Wer konzentriert im Gelände unterwegs ist, und ein gesundes Einschätzungsvermögen der eigenen Leistung hat, kann dort sehr viel Spaß haben. Und nicht nur das. Beide Sportarten fordern koordinative Aspekte in allen anatomischen Ebenen. Es werden alle Rezeptoren aktiviert, die eine Bewegung analysieren und koordinieren. Auf diese Weise werden Gleichgewicht und Balance auf hohem Niveau angesprochen. Balance bezeichnet hierbei das Aufrechterhalten des Gleichgewichts unter Störfaktoren, wie es auf unbefestigten Wegen ganz besonders gefordert ist.
Zum Halten der Balance in unebenem Gelände, muss der Körper beim Trailrunning kleinere und stabilisierende Muskeln weit mehr aktivieren, als wenn nur auf flacher und ebener Strecke trainiert wird. Dies betrifft besonders die tiefen Muskeln von Bauch und Rücken. Zudem sind die Muskeln der Füße stark gefordert, wenn diese keinen festen Halt im Matsch, Geröll oder Sand finden. Auch die Armmuskeln werden beim Laufen im Gelände stärker eingesetzt, zum Schwungholen beim Erklimmen von Hindernissen und bergab, um die Balance in unwegsamen Gelände halten zu können.
Für die Muskeln hat das Trailrunning daher positive Auswirkungen im Sinne eines sensomotorischen Trainings. Die neuromuskuläre Ansteuerung wird verbessert und die Bewegungs- und Haltungskontrolle optimiert, womit wieder die positiven Effekte für Koordination und Gleichwicht im Fokus stehen. Zum Erhöhen der Sicherheit sollte die Laufgeschwindigkeit so gewählt sein, dass der Fußaufsatz jederzeit unter Kontrolle ist. Da beim Bergablaufen höhere Kräfte wirken auf Sehnen, Bänder und Knochen, empfiehlt es sich - ganz besonders für ungeübtere Trailrunner - kleinere Schritte zu machen.
Je nach Streckenprofil kann das Laufen oder Radfahren im Gelände durchaus mehr Muskelkraft benötigen, um Anstiege und Hindernisse zu bewältigen. Das sind gute Bedingungen, wenn man sich bei kalten und widrigen Bedingungen innerhalb kurzer Zeit im Freien auspowern möchte. Ein kraftvolles Laufen oder Treten in die Pedale darf aber nicht mit einem Krafttraining gleichgesetzt werden. Die produzierten Krafteinsätze sind dabei nicht hoch genug, um physiologische Anpassungen im Sinne eines Krafttrainings zu erzielen. Da Triathleten von den Effekten eines gezielten Muskelkrafttrainings vielfältig profitieren können, sollten sie zusätzlich den Kraftraum aufsuchen (mehr erfahren). Gerade in den kalten Monaten ist ein regelmäßiges Hanteltraining zum Steigern der Maximalkraft sehr zu empfehlen.
Crossradfahren, Gravel- und Mountainbiken sowie Trailrunning sollen vor allem neue Farbe in den grauen Trainingsalltag bringen und Spaß machen. Noch mehr Freude und Abwechslung im Trainingsplan bringt das Trainieren im Gelände, wenn es in Form eines Fahrtspiels betrieben wird. Das Fahrtspiel schreibt dem Sportler kein genaues Trainingspensum vor. Nicht Herzfrequenz- und Wattmesser geben die Belastung vor, der Sportler und das Streckenprofil bestimmen Tempo und Länge der Trainingseinheit. Hierbei kann immer wieder mit der Intensität gespielt werden: berghoch härter, bergab locker, was abseits unbefestigter Wege zusätzliche Sicherheit bringt.
Auch topographische Ziele eigenen sich gut, um im Gelände zwischen nötiger Belastung und Erholung zu wechseln. So können eine Parkbank, eine Weggabelung im Wald oder eine Anhöhe als Ziele für einen Zwischensprint oder einen intensiven Belastungsabschnitt gewählt werden. Trailrunning und Radfahren im Gelände bieten sich daher als „spielerische“ wie abwechslungsreiche Alternative für ein Intervalltraining an. In der Saisonpause ist das zwanglose Laufen oder Radfahren auf von Laub bedeckten Waldwegen eine wohltuende Abwechslung zur Saisonvorbereitung, die Freude macht und auch mentale Erholung fördert.
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