The Eschborn-Frankfurt Women Project

Rennbericht / Race Recap

ŠKODA Velotour Eschborn-Frankfurt

Die diesjährige Auflage der ŠKODA Velotour ist Geschichte. Zeit, im Eschborn-Frankfurt Women Project ein Fazit zu ziehen. Wie lief das Rennen für Nadine? Welche Erfahrungen hat sie machen können? Und wird sie noch einmal an der Startlinie stehen? Jetzt spricht Nadine.

Nadine Groß im Ziel bei der SKODA Velotour
Erschöpft aber happy: Nadine im Ziel mit den Fahrerinnen und Fahrern der Kettenhunde

Der Weg zum Ziel verläuft selten gerade ...

Als das Eschborn-Frankfurt Women Project Mitte September 2021 startete, war klar: Der erste Mai 2022 und die ŠKODA Velotour kommen schneller als gedacht. Das Training nach Trainingsplan startete gut, trotz den kalten und nassen Bedingungen in Deutschland. Nach nur 10 Wochen konnte ich meine Leistung bereits steigern, was eine erneute Leistungsdiagnostik zeigte (mehr dazu).

Doch dann passierte, wovor man sich in Vorbereitung auf einen Wettkampf fürchtet: Eine Verletzung. Aufgrund eines Sturzes Ende Dezember 2021 konnte ich im ersten Quartal 2022 kaum in die Pedale treten. Der Fokus verschob sich weiter in Richtung Krafttraining. Defizite aufarbeiten, um wieder beschwerdefrei Radfahren zu können. 

Mit insgesamt nur 1.200 Jahreskilometern stand ich dann am 01. Mai um kurz nach acht Uhr in Startblock 2. Bereit, um das Beste aus meinem Trainingszustand herauszuholen und einfach Teil eines tollen Events zu sein. Bereits am Vortag, bei der Startunterlagenabholung, wurde ich von der Stimmung vor Ort mitgerissen: viele Radsport-Fans unterschiedlicher Leistungs- und Altersklassen tummelten sich auf der Eventfläche in Eschborn. Egal ob hochpreisige Top-Fahrräder oder das leicht umgebaute Stadtrad: Am 01. Mai wird in und um Frankfurt Rad gefahren, am besten bei der ŠKODA Velotour auf wahlweise 40 bis 100 Kilometern. Was eine inspirierende Stimmung im Kreise der Radsport-Familie.

Ready. Set. Go!

Pünktlich um 08:45 Uhr fiel der Startschuss. Gruppe 1 mit den ganz Wilden rollte los. Nur zwei Minuten später drückte ich auch auf meinem Garmin-Fahrradcomputer: „Los!“. Und dann ging es auch direkt los in Richtung Frankfurt. Auf einer breiten, sonst für Fahrradfahrer*innen nicht nutzbaren, Schnellstraße. Perfekt, um sich im anfänglichen Gewusel zu platzieren, ohne Unfälle zu provozieren. Das Renntempo war sehr hoch. Unterschiedliche Gruppen bildeten sich, die an den zahlreichen Kurven in der City wieder auseinanderrissen.

Die zwei Freunde, mit denen ich gestartet war, verlor ich leider bereits auf den ersten Kilometern und suchte ab dann eine andere Gruppe, die mein Tempo fuhr und der ich mich anschließen konnte. Das erste Mal ruhiger wurde es nach ca. 30 Minuten im Rennen, als wir auf die breite Rosa-Luxemburg-Straße in Richtung Taunus fuhren. Das Tempo wurde moderater und so nutze ich die Möglichkeit, mich mit Gels und Flüssigkeit zu verpflegen. Kurz durchgeatmet, erblickte meine Gruppe den Feldberg vor uns. Sofort wurde die Geschwindigkeit wieder erhöht. In Oberursel trennte sich die Strecke erstmals und es bestand die Möglichkeit, zurück nach Eschborn zu fahren und den Zielbogen nach 40km zu passieren. Das war jedoch heute keine Option: Ich wollte in den Taunus!

Großer Feldberg: Es geht bergauf. Und bergab...

Nach knapp unter einer Stunde im Rennen kam ich am Kreisverkehr Hohemark in Oberursel an: dem Start zur Tissot Bergchallenge, den Großen Feldberg hoch. Normalerweise sollte hier das Rennen erst so richtig beginnen, doch als ich direkt zu Beginn des 11km langen Anstiegs erstmals aus dem Sattel ging, zeigten mir meine Beine, dass das Tempo in Frankfurt, das Zufahren von Lücken und das Suchen nach einer passenden Gruppe Spuren hinterlassen hatte: Krämpfe. 

Zunächst machte mein linker Oberschenkel zu, der Quadtrizeps im Wiegetritt fühlte sich an wie Blei und verkrampfte bei jeder Kurbelumdrehung. Mist. Nun hieß es ein paar Gänge zurückschalten, Riegel essen und versuchen die Beine wieder locker zu bekommen. Am Feldberg keine leichte Aufgabe. Ich versuchte meine Leistung zwischen 220 bis 240 Watt einzupendeln und den Fokus auf eine höhere Trittfrequenz zu legen. Dennoch: Der Anstieg würde lang werden... 

In guter Begleitung Richtung Gipfel

Mein persönliches Highlight am Aufstieg in Richtung Großer Feldberg während der ŠKODA Velotour? 

Die sonst mit Autos gefüllte Landstraße komplett ruhig, voll mit Radsportler*innen. Einzigartig. Das Einzige, was man hört, ist das Knacken von Schaltungen und die Natur.

Nachdem ich ein angemessenes Tempo gefunden hatte, hörte ich meinen Namen. „Nadine? Nadine Groß?!“. Drei Jungs in Greybee-Trikots rollten neben mich. Wie sich im Laufe des Gesprächs und Rennens herausstellte, waren dies Teamkollegen der späteren Titelverteidigerin Laura Tibitanzl.

Nach etwas nettem Geplauder über den Artikel in der Frankfurter Sonntagszeitung (mehr erfahren) musste ich sie jedoch fahren lassen. 

Laura Tibitanzl, Siegerin Velotour Eschborn-Frankfurt
Frauenpower: Die Siegerin der ŠKODA Velotour Laura Tibitanzl bei der Leistungsdiagnostik im Trainingsinstitut iQ athletik

Kurz nach der Applauskurve, in der traditionell sehr gute Stimmung herrscht und der Tag der Arbeit feucht-fröhlich bereits am frühen Vormittag begossen wird, begegnete ich einem weiteren bekannten Gesicht: Tagesschau-Sprecher und Triathlet Thorsten Schröder. Auch mit ihm wechselte ich ein paar Grüße, was den Aufstieg ungemein kürzer wirken und die Strapazen in den Beinen vergessen ließ.

 

Kreuz und quer durch den Taunus

Wer meint, bei der ŠKODA Velotour würde man nur in großen Gruppen und im wilden Getummel unterwegs sein, der irrt sich. Die breiten Straßen in Frankfurt ermöglichen bei Bedarf genug Ausweichmöglichkeiten und spätestens am Feldberg ist das Feld aus Radsportbegeisterten dann so weit entzerrt, dass man ohne Gedränge die Anstiege des Taunus erklimmen kann. 

Nach der Abfahrt in Richtung Niederreifenberg war ich so gut wie allein, vermutlich zwischen Startgruppe 2 und 3 positioniert. Am Ruppertshainer Berg holte mich dann wieder die fantastische Stimmung der zahlreichen Zuschauer*innen am Streckenrand ein – gerade richtig, denn mittlerweile wirkten sich die körperlichen Beschwerden auch auf die mentale Komponente eines Wettkampfs aus. Die Möglichkeit, die Rennstrecke zu verlassen und einfach nach Hause zu rollen wurde in meinem Kopf immer schmackhafter. 

Aber: Aufgeben war keine Option. Und so kam der Ruppertshainer Berg mit seiner kurzen, aber knackigen Steigung von über 8 Prozent. Beflügelt von den Rufen von Bekannten am Ende des Anstiegs ging mir nur eins durch den Kopf: Wehe, der Oberschenkel macht jetzt weiter zu! Als praktikable Lösung ergab sich das abwechselnde Kneten der Beine, um eine komplette Verhärtung der Muskulatur zu vermeiden. Nachträglich möchte ich nicht wissen, wie es wohl ausgesehen hat, aber egal, ich kam oben an. 

Entscheidungen treffen, auch wenn's schwer fällt

Zwar ging es nach dem berühmtberüchtigten Ruppertshainer Berg, den die Profis ein paar Stunden nach den Amateuren sogar zwei Mal erklimmen würden, größtenteils bergab, jedoch änderte dies nichts mehr an der katastrophalen Verfassung meiner Beine. Leider hatte ich auch keine Gels mehr, mit denen ich ein weitere Schadensbekämpfung hätte versuchen können. 

So musste ich mich schweren Herzens an der Kreuzung in Schwalbach meinem Trainingszustand und dem missglückten Pacing zu Beginn des Rennens geschlagen geben und rechts abbiegen. Kein Mammolshainer Stich für mich, denn ich war mir sicher, einen weiteren steileren Anstieg würden meine Beine nicht mehr mitmachen. Leicht frustriert aber dennoch happy, dass ich die Ziellinie erreicht hatte, stand ich wenig später auf dem Parkplatz des MannMobilia Möbelhauses in Eschborn, wo ich knapp 2:47 Stunden vorher gestartet war.

"Sei stolz auf das, was Du geleistet hast!"

Nach ein paar Minuten und zwei, drei kalten Getränken wurde mein Blick wieder etwas klarer und ich konnte zahlreiche Freunde und Bekannte zu ihrem Finish beglückwünschen. Mein Fazit? Nun ja. Fakt ist: Der Tag lief komplett anders als noch vor Monaten geplant. Fakt ist: Ich hatte keine Ahnung welche Leistung ich überhaupt abrufen können würde. Fakt ist aber auch: Trotz der persönlichen Schwierigkeiten während des Rennens habe ich die Ziellinie erreicht und es war ein fantastischer Renntag, gemeinsam mit vielen bekannten Gesichtern und zahlreichen Radsportbegeisterten.

Dabei freut es mich unheimlich, dass über 6.500 Teilnehmer*innen an der ŠKODA Velotour teilgenommen haben – mit dem höchsten Frauenanteil jemals! 

Comeback im nächsten Jahr?

Ob ich nächstes Jahr wieder dabei bin? Aber sicher! Nicht nur, weil ich weiß, was ich nächstes Mal anders und besser machen will. Nicht nur, weil ich noch eine Rechnung mit dem Mammolshainer Stich offen habe. Sondern einfach auch, weil der 01. Mai traditionell im Rhein-Main-Gebiet den Radfahrerinnen und Radfahrern gehört. 

Nach dem Rennen ist vor dem Rennen.

See you next year!

Eure Nadine


The Eschborn-Frankfurt Women Project

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